Kohlenmonoxid
Erkrankungen durch Kohlenmonoxid
Kohlenmonoxidvergiftungen können arbeitsunfallartig auftreten und tödlich ausgehen. Als Berufskrankheit sind sie unter der Nr. 1201 erfaßt. Kohlenoxid ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas. CO vermischt sich leicht mit Raumluft und kann festes Material, wie Erdreich und Mauerwerk unbemerkt durchdringen. CO ist im Stadtgas enthalten, im Abgas von Motoren usw. Auch in Brandgasen und in Explosionsschwaden können sehr hohe Konzentrationen auftreten. Gefahrenquellen sind Arbeiten an defekten oder fehlerhaft betriebenen Heizanlagen, an offenen Feuerstellen, z.B. Koksöfen, an defekten Gasleitungen, bei Bränden und Explosionen, hauptsächlich in geschlossenen Räumen, Tunneln und Untertagebetrieben, sowie an laufenden Automotoren in abzugsbehinderten Räumen ("Garagentod").
Ein besonders tückischer
Fall: Ein Geschäftsreisender wird eingeschneit auf der Straße und läßt den Motor laufen, um die Autoheizung in Betrieb zu halten. Die Abgase dringen in den Fahrgastraum ein. Der Geschäftsreisende erstickt.
Chronische Vergiftungen und Spätschäden sind beobachtet worden wie etwa an Morbus Parkinson erinnernde Krankheitsbilder. Es können funktionelle und organische Herz- und Gefäßveränderungen auftreten. Eine Kohlenmonoxidvergiftung soll nach einem Urteil geeignet sein, eine Epilepsie zu verursachen.
Hinweis: Erfüllt eine Vergiftung sowohl die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls als auch einer Berufskrankheit, wird dies in der Praxis regelmäßig als Berufskrankheit abgehandelt.
Berufskrankheit Nr. 1201
Merkblatt zu BK Nr. 11 der Anl. 1 zur 7. BKVO
(Bek. des BMA v. 28. 10. 1963, BArbB1 1963, 282f)
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Kohlenoxyd (-oxid, -monoxid, CO) ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas ohne Reizwirkung von etwa gleichem spezifischem Gewicht wie die Luft. Es entsteht bei unvollständiger, d. h. unter ungenügender O2-Zufuhr stattfindender Verbrennung kohlenstoffhaltiger Verbindungen.
CO vermischt sich leicht mit Raumluft und kann festes Material, wie Erdreich und Mauerwerk, unbemerkbar durchdringen.
CO ist im sog. Leuchtgas (Stadtgas) je nach Ausgangsmaterial in einem Anteil von meist 8 bis 14%, im entgifteten Stadtgas von etwa 1 %, im Abgas der Ottomotoren von etwa 3% (im Leerlauf von etwa 10%), im Abgas von Dieselmotoren von etwa bis 0,5%, im Hochofengas von etwa 20 bis 30%, im Generatorgas und Wassergas von etwa 30 bis 50% enthalten. Auch in Brandgasen und in Explosionsschwaden können sehr hohe Konzentrationen auftreten.
Gefahrenquellen sind insbesondere Arbeiten an defekten oder fehlerhaft betriebenen Heizanlagen, an offenen Feuerstellen (z. B. Koksöfen), an defekten Gasleitungen, bei Bränden und Explosionen - hauptsächlich in geschlossenen Räumen, Tunneln und Untertagebetrieben - sowie an laufenden Ottomotoren in abzugsbehinderten Räumen ("Garagentod"). Auch Arbeiten in Eisenhüttenwerken, Gießereien u. ä., in Gaswerken, Generatorenanlagen und sonstigen Anlagen, die mit CO-haltigen Gasen betrieben werden, können eine Gefahrenquelle sein.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
CO gelangt ausschließlich über die Atemwege in den Blutkreislauf. Da das Bindungsvermögen des CO an Hämoglobin (Hb) etwa 200mal größer ist als das des Sauerstoff (O2), kommt es zu einer Sauerstoffverarmung im Organismus. Höhe der Konzentration in der Atemluft, Intensität der Atmung und Einwirkungsdauer des CO bestimmen den Grad der O2-Verarmung im Organismus, die letztlich zur inneren Erstickung führen kann. Eine lang andauernde Einwirkung kleinerer CO-Dosen kann gesundheitsschädigender sein als eine kurze Einwirkung höherer CO-Dosen. Besonders betroffen werden die für O2-Mangel empfindlichen Gewebe, wie Gehirn, Herz, Leber und Nebenniere. Daneben kommt es zu schweren Kreislaufstörungen, wie vermehrter Durchlässigkeit der Gefäße, Gefäßlähmungen und Verlangsamung der Blutzirkulation. Schon 0,1 Vol.-% CO in der Atemluft kann ein schweres Vergiftungsbild hervorrufen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
a) Die Einwirkung besonders hoher CO-Dosen, die zu Kohlenoxidhämoglobin (COHB) von 50% und mehr führt, verursacht in kürzester Zeit Bewußtseinsverlust, Dyspnoe und Krämpfe; der Tod kann sehr rasch eintreten.
b) Die Einwirkung von CO-Dosen, die zu einem COHb-Gehalt von etwa 20 bis 50% führen, verursachen Kopfschmerzen, Schwindel, Brechreiz, Benommenheit, Ohrensausen, Herzklopfen sowie evtl. Versagen der Muskelkraft und des zentralen Antriebs, etwa beim Versuch sich zu retten; Erregungszustände, Krämpfe und Ohnmachtsanfälle können vorkommen. Der Puls ist beschleunigt, die Atmung vertieft und unregelmäßig, die Gesichtsfarbe bisweilen hellrot, gelegentlich leicht cyanotisch. Tödlich Atemlähmung oder Herzversagen infolge Schädigung lebenswichtiger Zentren bzw. des Herzmuskels sowie Stunden oder Tage anhaltende Bewußtlosigkeit mit ihren Folgen, wie z. B. die Schluckpneumonie, sind bei Aufnahme höherer CO-Mengen möglich. Auch Gefühls- und Bewegungsstörungen können vorkommen. Nach kurz dauernder, auch schwerer Vergiftung ist bei geeigneten Maßnahmen meist eine rasche Gesundung zu erwarten. Folgezustände und Spätschäden werden fast ausschließlich nach längerer CO-Einwirkung beobachtet. Hierbei zeigen sich nervöse und psychische Störungen sowie funktionelle und organische Herz- und Gefäßveränderungen. Störungen der Verdauungsorgane und der Organe mit innerer Sekretion können vorkommen. Auch an Morbus Parkinson erinnernde Krankheitsbilder, Erblindungen, akute delirante Zustände und cerebrale Ausfallserscheinungen, wie Herabsetzung des Antriebs, der Merkfähigkeit und des sprachlichen Ausdrucksvermögens, wurden beobachtet. Polyneuritis, Epilepsie, Bluthochdruck und Arteriosklerose sind in der Regel keine Spätschäden nach CO-Einwirkung.
c) Eine sog. chronische CO-Erkrankung ("Intoxikation lente") kann durch über längere Zeiträume eingeatmete kleinere CO-Mengen, die bei einmaliger Einwirkung keine subjektiv wahrnehmbaren Schäden und Folgeerscheinungen hervorrufen, entstehen. Eigentlich handelt es sich hierbei um eine subakute Vergiftung infolge wiederholter leichter "Angiftung". Klagen über Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Reizbarkeit u. ä. können hierfür ein Hinweis sein. Die Prognose der chronischen Erkrankung ist bei Wegfall der Exposition im allgemeinen günstig.
IV. Hinweise für die ärztliche Beurteilung
Hinweise für eine CO-Erkrankung, deren Symptome abgesehen von denen der akuten Form - vielfach uncharakteristisch und vielseitig sind, ergeben sich insbesondere auch aus eingehender Arbeitsanamnese und Kenntnis des Arbeitsplatzes (CO-Gehalt der Luft im Arbeitsraum). Häufig treten gleichzeitig an einem exponierten Arbeitsplatz bei mehreren Personen ähnliche Krankheitszeichen auf.
Der quantitative CO-Nachweis im Blut kann besonders wichtig sein. Deshalb ist möglichst rasch nach der Exposition eine Blutabnahme mittels Venüle, die einen gerinnungshemmenden Zusatz erhält, vorzunehmen.
Zur raschen Orientierung kann es dienlich sein, in ein mit Wasser gefälltes Reagenzglas einen Tropfen Blut des Erkrankten und in ein zweites mit Wasser gefülltes Reagenzglas einen Tropfen Blut einer nicht der CO-Einwirkung ausgesetzten Person hinzuzugeben. Während normalerweise im zweiten Reagenzglas eine gelbliche Färbung eintritt, ist diese im ersten Fall bei einem COHb-Gehalt des Blutes ab 25% rosa.
Der negative Ausfall einer Blutprobenuntersuchung auf CO ist u. U. kein Beweis gegen das Vorliegen einer akuten CO-Erkrankung, insbesondere dann nicht, wenn das Blut mehrere Stunden nach Einwirkung entnommen wurde, da in dieser Zeit der COHb-Spiegel, besonders unter Sauerstoffatmung, weitgehend abgesunken ist.
Für die Beurteilung der sog. chronischen CO-Erkrankung sind wiederholt in dafür eingerichteten Untersuchungsstellen genaue quantitative Bestimmungen des COHB im Blut vorzunehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ggf. durch außerberuflich bedingten Aufenthalt in CO-haltiger Luft oder z. B. infolge starken Rauchens von Tabak bereits 5 bis 10% und mehr COHB im Blut nachweisbar sein können.
Wiederholte EKG-Untersuchungen und die Festlegung neurologischer Befunde sind zusammen mit anderen klinischen Befunden für die ärztliche Beurteilung bedeutsam, da manche organische Veränderungen auch erst nach einer gewissen Latenzzeit manifest werden können. Funktionsstörungen am Herzen treten meistens unmittelbar (innerhalb der ersten Tage) nach der Vergiftung auf. Konstitution, allgemeiner Gesundheitszustand und Lebensalter sind evtl. für den Ablauf der Erkrankung von wesentlicher Bedeutung.
Diganosestellung und Beurteilung des Krankheitsbildes können durch die gleichzeitige Einwirkung anderer Gase, z. B. bei Bränden, erschwert sein.
Quelle:
1 Universität Rostock - Medizinische Fakultät
Institut für Präventivmedizin