Schwefelwasserstoff
Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff
Schwefelwasserstoff zählt wie Kohlenmonoxid zu den Erstickungsgasen. Die Vergiftungen können arbeitsunfallartig auftreten. Als Berufskrankheit sind sie unter der Nr. 1202 erfaßt. Schwefelwasserstoff ist ein farbloses, brennbares, im Gemisch mit Sauerstoff explosionsfähiges Gas. Schwefelwasserstoff entsteht überall dort, wo menschliche, tierische oder pflanzliche Materie in Fäulnis übergeht. Gefahrenquellen können insbesondere Brunnenschächte, Jauchegruben und Abwasserkanäle sein. Auch in Schlammböden, Faulgruben von Abdeckereien und Gerbereien, Friedhofsgrüften, in Abwässern von Zuckerfabriken, Gelatinefabriken, sowie in Kohlegruben, Gips- und Schwefelbergwerken kann Schwefelwasserstoff vorkommen. In vulkanischen Gegenden weicht Schwefelwasserstoff aus dem Boden. Das Gas bildet sich bei der Herstellung von Salz- und Schwefelsäure etc.. Außerdem tritt Schwefelwasserstoff in Hochöfen, Erdölraffinerien, in Gaswerken, Kokereien sowie insbesondere auch in der Viskoseindustrie auf. Bei Einwirkung sehr hoher Konzentration kommt es innerhalb weniger Sekunden ähnlich wie bei der Zyankalivergiftung zum Atemstillstand infolge zentraler Atemlähmung.
Fall: Eine Person steigt in einen Brunnenschacht und kommt nicht wieder heraus. Bei dem Versuch der Hilfeleistung klettern weitere Personen hinterher, die ebenfalls ersticken. Es kommt zum Massenunfall.
Berufskrankheit Nr. 1202
Merkblatt zu BK Nr. 19 der Anl. 1 zur 7. BKVO
(Bek. des BMA v. 24.2.1964, BArbBl. Fachteil Arbeitsschutz 1964, 32 f)
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Schwefelwasserstoff (H2S) ist ein farbloses, brennbares, im Gemisch mit Sauerstoff explosionsfähiges Gas. Es ist etwas schwerer als Luft und löst sich in Wasser. In sehr niedriger Konzentration von ca. 0,001 Vol.-%. riecht H2S typisch wie faule Eier. Höher konzentriert ist dieses Gas von widerlich süßlichem Geruch und führt bereits nach kurzdauernder Exposition zu einer Schädigung der Geruchsempfindung, so daß H2S nicht mehr wahrgenommen werden kann. Auch die längere Einwirkung niedriger Konzentrationen kann eine Abnahme der Geruchsempfindung zur Folge haben. H2S entsteht überall dort, wo menschliche, tierische oder pflanzliche Materie in Fäulnis übergeht. In Brunnenschächten, Jauchegruben und Abwasserkanälen können sich größere Mengen ansammeln und insbesondere bei Druck- und Temperaturschwankungen freiwerden.
Auch in Schlammböden, Faulgruben von Abdeckereien und Gerbereien, Friedhofsgrüften, in Abwässern von Zuckerfabriken, Gelatinefabriken sowie in Kohlegruben, Gips- und Schwefelbergwerken kann H2S vorkommen.
In vulkanischen Gegenden entweicht H2S aus dem Boden; ebenso findet es sich im Schlamm vulkanischer Binnenseen (Fango). Das Gas bildet sich bei der Herstellung von Salz- und Schwefelsäure, Schwefelkohlenstoff, Schwefelfarben und anderen chemischen Substanzen. Außerdem tritt H2S in Hochöfen, Erdölraffinerien, in Gaswerken, Kokereien sowie insbesondere auch in der Viskoseindustrie (Zellwoll-, Zellglas-, Kunstseideherstellung) auf. In Gasgemischen ist häufig H2S zusammen mit CO, CO2 NH3, CH4 und CS2 enthalten.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
H2S wird über die Atemwege, geringfügig durch Hautresorption, aufgenommen.
Bei Kontakt mit Schleimhäuten und Gewebeflüssigkeit bilden sich Alkalisulfide, die starke Reizwirkungen, insbesondere an den Augen und Schleimhäuten der Nase und des Rachens, verursachen. Außerdem bewirkt das über die Lunge in größeren Mengen resorbierte H2S - wahrscheinlich ähnlich dem Zyan - eine Lähmung der intrazellulären Atmung durch Blockade schwermetallhaltiger Fermente.
Im Organismus wird H2S überwiegend zu biologisch indifferenten Substanzen oxidiert. Der kleinere, nicht oxidierte Teil kann Schäden im zentralen und evtl. auch peripheren Nervensystem hervorrufen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
a) Bei Einwirkung sehr hoher Konzentration kommt es innerhalb weniger Sekunden - ähnlich wie bei der Zyanvergiftung - zum Atemstillstand infolge zentraler Atemlähmung. Starke Reizsymptome an Augen und Schleimhäuten der Atemwege, Atemnot und Bewußtseinsverlust können nach hohen Dosen dem meist tödlichen Ausgang vorausgehen.
b) Die Einwirkung geringerer bis mittlerer H2S-Konzentrationen kann Schwindel, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Übelkeit, Speichelfluß, Brechreiz, Metallgeschmack, Appetitlosigkeit, Diarrhoe und Gewichtsabnahme hervorrufen. Es können ferner Rötung und Schwellung der Bindehaut mit Brennen und Tränen der Augen sowie oberflächliche Veränderungen der Hornhaut mit Lichtscheu, Lidkrampf und Nebelsehen auftreten. Ggf. kann der Reiz auf die Atemwege zu bronchopneumonischen Prozessen führen. Anzeichen einer drohenden Asphyxie, Krämpfe und Bewußtlosigkeit sind möglich.
IV. Hinweise für die ärztliche Beurteilung
Ob unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Nachlassen der Merkfähigkeit, Müdigkeit, Durchblutungs- und Kreislaufstörungen sowie eine chronische Bronchitis u. ä. auf einmalige, wiederholte oder länger andauernde Einwirkung von H2S zurückgeführt werden können, muß sorgfältig geprüft werden. Auf den Nachweis der Exposition, insbesondere deren Art und Weise, ist Wert zu legen. Evtl. können ähnliche Erkrankungszeichen bei anderen Personen einen Hinweis geben. Brückensymptome müssen in der Regel vorhanden sein.
Quelle:
1 Universität Rostock - Medizinische Fakultät
Institut für Präventivmedizin