para-tertiär-Butylphenol

Erkrankungen durch para-tertiär-Butylphenol

Fleckförmige Depigmentierungen der äußeren Haut werden unter den Erkrankungen durch para-tertiär-Butylphenol, Nr. 1314 der Berufskrankheitenliste erfaßt. Gefahrenquellen finden sich bei Einsatz dieses Stoffes in der Industrie für Lackrohstoffe, Emulgatoren und Netzmittel, Antioxidantien für die Kautschukverarbeitung, Mineralölkonfektionierung und anderes mehr. Gefährdet waren bzw. sind Arbeitnehmer aus der Schuh- und Automobilindustrie durch Klebstoffe, wie z.B. Neoprenkleber, Polychloroprenkleber sowie durch ptBP-Formaldehyd-Kunstharze, durch Kontakt mit ptBP in den Produktionsanlagen, beim Probeentnehmen, Schleudern, Umrühren und Abfüllen der Substanz. Das Hautkrankheitsbild ähnelt der Vitiligo. Intramuskuläre, subkutane und orale Verabreichung von ptBP führte im Tierversuch zu systemischen Pigmentierungen. Die linsen- bis münzengroße teilweise auch konfluierende Weißfleckung tritt an Handrücken und Fingerrücken auf, übergreifend auf die Unterarme, Fußrücken, Stamm, hier besondern in den Axillen sowie im Genitalbereich. Die Depigmentierung wird meistens nach verstärkter Sonneneinstrahlung im Kontrast mit der Bräunung der umgebenden Haut festgestellt. Die Einwirkung der Substanz kann auch zu systemischen Reaktionen im Organismus führen, die sich am Leberparenchym (Hepatose) und in einer Schilddrüsenvergrößerung manifestieren. Bezüglich der para-tertiär-Butylphenol verursachten Hauterkrankungen wird im Merkblatt des BMA auf die Nr. 5101 der Berufskrankheitenliste verwiesen.


Berufskrankheit Nr. 1314
Erkrankungen durch para-tertiär-Butylphenol
Merkblatt für die ärztliche Untersuchung
(Bek. des BMA v. 1. Juni 1988, BABl. 7-8/1988 und v. 16. August 1989, BABl. 11/1989)
 
Vitiligoartige Depigementierungen nach Umgang mit paratertiärem Butylphenol (ptBP) sind in der Literatur wiederholt beschrieben worden. Die Entstehung der Hautveränderungen durch Inhalation der flüchtigen Dämpfe oder Einatmung von lungengängigem pt-Phenolharz wird vermutet sowie vermutlich auch auf Ingestion oder Hautresorption zurückgeführt.
 

I. Vorkommen und Gefahrenquellen
  • ptBP dient in der Industrie als Einsatzstoff für Lackrohstoffe, Emulgatoren und Netzmittel, Antioxidantien für die Kautschukverarbeitung, Mineralölkonfektionierung und anderes mehr. ptBP findet sich vorwiegend in Kristallform oder gelöst vor. ptBP ist bei Normaltemperatur (20° C) eine weiße, kristalline Substanz. Es schmilzt bei 97-98° C und ist in flüssigem Zustand eine farblose, klare Flüssigkeit. Der Siedepunkt des flüssigen ptBP unter Normaldruck (760 Torr) liegt bei 237-238° C. ptBP hat einen schwachen phenolischen Geruch, ist in Wasser unlöslich, jedoch leicht löslich in Alkohol, Ethern und Ketonen.
  • Eine Gefährdung durch ptBP war bzw. ist gegeben u. a. bei Arbeitnehmern aus der Schuh- und Automobilindustrie (durch Klebstoffe wie z. B. Neoprenkleber-Polychloroprenkleber) sowie durch ptBP-Formaldehyd-Kunstharze, durch Kontakt mit ptBP in den Produktionsanlagen von ptBP besonders in Arbeitsbereichen beim Probeentnehmen, Schleudern, Umrühren und Abfüllen der Substanz.



  • II. Pathophysiologie
    p-t-Butylphenol erzeugt an der äußeren Haut fleckförmige Depigmentierung, die dem bekannten Krankheitsbild der Vitiligo ähnelt oder gleicht.
    Intramuskuläre, subcutane und orale Verabreichung von ptBP führten im Tierversuch zu systematischen Depigmentierungen. Als morphologisches Substrat findet man in der depigmentierten Haut den völligen Mangel an Melaningranula, Verminderung der Melanozyten und degenerative Veränderungen der restlichen Pigmentzellen. Der biochemische Mechanismus ist nicht eindeutig aufgeklärt. Vermutet wird die Störung der enzymatischen Oxidation von Tyrosin zu DOPA und eine damit verminderte Bildung von Melanin. Die strukturelle Ähnlichkeit paraständiger Phenole mit Tyrosin bzw. DOPA deutet auf eine kompetitive Verdrängung an den Enzymen der Melaninsynthese; in vitro kommt es durch ptBP zur kompetitiven Hemmung der Tyrosinhydroxylierung und der DOPA-Oxidation. Auch an den Melanozyten lassen sich destruktive Veränderungen nachweisen. Als Metabolit von ptBP wird Hydrochinon vermutet. Letzteres hemmt nicht nur die Bildung, Melanisierung und den Abbau der Melanosomen, es zerstört auch die Membranstruktur der Melanozyten, die schließlich komplett untergehen können. Neben Störungen der Pigmentbildung in der Haut kann ptBP zu Schäden der Leber sowie der Schilddrüse (Strumaentwicklung) führen. Dabei handelt es sich nach bisherigen Beobachtungen fast ausnahmslos um eine euthyreote Struma.
     

    III. Krankheitsbild und Diagnose
    Das Auftreten von beruflich verursachter Vitiligo ist Folge eines mehrmonatigen Kontakts (vermutlich auch Inhalation) mit ptBP. Eine vorherige Verätzung oder Rötung der Haut ist nicht erforderlich. Eine gleichzeitige Sensibilisierung ist möglich. ptBP ruft an der Haut nach intensivem Kontakt Rötung, Schwellung, Brennen und Juckreiz hervor (Kontakt-Dermatitis). Darüber hinaus können nach längerer Exposition evtl. auch durch Einatmung der Dämpfe oder von lungengängigen Staubpartikeln beim Zerkleinern des Harzes Depigmentierungen in disseminierter Aussaat auftreten. Das Verteilungsmuster der Depigmentierungen ist meist symmetrisch und charakterisiert durch linsengroße bis münzengroße teilweise auch konfluierende "Weißfleckung" an den Handrücken und Fingerrücken, übergreifend auf die Unterarme, Fußrücken, Stamm, hier besonders in den Axillen sowie im Genitalbereich. Eine genaue Reihenfolge des Auftretens der "Weißfleckung" kann nicht angegeben werden. Meistens wird die Depigmentierung nach verstärkter Sonneneinstrahlung mit Bräunung der umgebenden Haut festgestellt. Makroskopisch und histologisch unterscheiden sich die Hautveränderungen nicht von echter Vitiligo, jedoch findet man im Gegensatz zu echter Vitiligo keine Assoziation zu einer Autoimmunkrankheit. Ferner können besonders nach Inhalation von erhitztem ptBP in flüssiger Phase Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindelgefühl und Erbrechen auf treten.
    Die Einwirkung von ptBP kann nicht nur an der Haut (Vitiligo), sondern auch zu systemischen Reaktionen im Organismus führen, die sich am Leberparenchym (Hepatose) und in einer Schilddrüsen-Vergrößerung manifestieren (TRIAS: Vitiligo, Hepatose und Struma diffuea). Nach Beendigung der Exposition gegenüber ptBP kam es in den meisten Fällen zu einer Besserung der auf eine Funktionsstörung der Leber hinweisenden Laborbefunde sowie zur Rückbildung der Schilddrüsenvergrößerung.

     

    IV. Weitere Hinweise
    Welche Bedeutung der inhalativen ptBP-Aufnahme im Verhältnis zur Hautresorption zukommt, wird z. Z. noch untersucht.
    Die depigmetierende Eigenschaft von ptBP ist nach Literaturangaben auch vielen anderen Phenolen und Katecholen, wie z. B.
  • Monobenzylhydrochinon,
  • Monomethylhydrochinon,
  • Orthophenylphenol,
  • Paraphenylphenol,
  • Hydrochinon,
  • Catechol,
  • 3-Methylcatechol,
  • 3-Methyl-5 tert. octylcatechol,
  • 3-Isopropylcatechol,
  • 3.5-Diisopropylcatechol,
  • 4-Methylcatechol,
  • 4-Isopropylcatechol,
  • 4-tert.-Butylcatechol,
  • ß-Mercaptoethylamine . HCI,
  • N-(2-mercaptoethyl)-dimethylamine,
  • Nonylphenol und
  • Octylphenol
  • eigen, wobei besonders die para-substituierten Verbindungen stärker wirksam sind als die meta- und ortho-substituierten Phenole. In der Empfindlichkeit bestehen erhebliche Speciesunterschiede. Die Reaktion bei exponierten Menschen ist offenbar individuell unterschiedlich. Bezüglich der para-tertiär-Butylphenol verursachten Hauterkrankungen wird auf die Nr. 5101 Anl. 1 BekV verwiesen.
     


    V. Literatur
     
  • British IndustriaI Biological Research Association-BIBRA: Para-tertiary-Butylphenol, Febr. 1986
  • Clayton, G. D., Clayton, F. E.: Patty's Industrial Hygiene and Toxicology, Third revised Edition, Vol. 2 A, John Wiley & Sons, New York, Chichester, Brisbane, Toronto, (1981) 2618-2627
  • Goldmann, P. J., Thiess, A. M.: Berufsbedingte Vitiligo durch para-tertiär-Butylphenol eine Trias von Vitiligo, Hepatose und Struma. Hautarzt 26, (1976) 155-159
  • Henschler, D. (Hrsg.): Toxikologische und arbeitsmedizinische Begründungen des MAK-Wertes von p-tert.-Butylphenol. Verlag Chemie, Weinheim 1-12, Lieferung 1986/87
  • Malten, K. E., Seutter, E.: Occupational vitiligo due to p. t. butylphenol and homologues, Trans. St. Johns Hosp. Derm. Soe., 57, (1971) 115-135
  • Rodermund, 0. E., Wieland, H.: Vitiligoartige Depitmentation durch p-tert-Butylphenol, Z. Hautkr., 49 (1974) 11, 459-465
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    Merkblatt zur Berufskrankheit Nummer 13141

    Quelle: 1 Universität Rostock - Medizinische Fakultät
    Institut für Präventivmedizin

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