Exogen-allergische Alveolitis
Exogen-allergische Alveolitis
Hierzu gehören die Farmerlunge, die Vogelhalterlunge, die Befeuchterlunge und möglicherweise auch z.B. die Malzarbeiterlunge, die Pilzarbeiterlunge, die Käsewascherkrankheit, die Tabakarbeiterlunge, die Kaffeearbeiterlunge, die Polymeren-Kunststoff-Lunge usw., wobei je nach Erkrankung die Anforderungen unterschiedlich sein können.
Tip: Treten erste berufliche Beschwerden auf nach kurzer beruflicher Exposition, mag der Schaden noch nicht schwer sein. Gleichwohl kann dann Anspruch auf Übergangsleistungen bestehen, weil die gefährdende Tätigkeit aufgegeben werden mußte. Der Minderverdienst für 5 Jahre ist dann von der Berufsgenossenschaft auszugleichen.
Alveolitiden sind akute, subakute und chronische Lungenentzündungen, die durch eingeatmete Antigene verursacht werden und zur Lungenfibrose neigen. Die Farmerlunge tritt bevorzugt in regenreichen Gebieten (Alpenrand, Küstengebiete) auf. Gefährdet sind vor allem Personen, die den Staub von verschimmeltem Futter und Einstreumitteln, Heu, Stroh u.a., einatmen. Der Staub, der sich bei der Geflügelhaltung oder Weiterverarbeitung der Federn entwickelt, kann eine Vogelhalterlunge hervorrufen. Die Befeuchterlunge wird vorwiegend in Druckereibetrieben, vereinzelt auch in vollklimatisierten Arbeitsräumen beobachtet. Seltenere berufliche Gefahrenquellen sollen sein die Züchtung von Speisepilzen, die Verwendung von Isocyanaten zur Herstellung von Polyurethanen, Lacken und Klebstoffen, der Einsatz von Phthalsäure- und Trimellith-Anhydrid für die Produktion von Epoxidharzen und als Weichmacher, die Lagerung von Obst. Man spricht im weiteren von einer Holzstaublunge. Die vorstehenden Belastungen können zudem eine Lungenfibrose hervorrufen, eine obstruktive Bronchiolitis, eine respiratorische Insuffizienz, ein Cor pulmonale.
Die Statistik spiegelt sicher nicht das tatsächliche Aufkommen der Erkrankungen. Jährlich werden über 250 Fälle bei der Berufsgenossenschaft angemeldet. Die neuen jährlichen Rentenfälle schwanken zwischen 70 und 90 neuen Fällen. Die Dunkelziffer dürfte beträchtlich sein.
Berufskrankheit Nr. 4201
(Bek. des BMA v. 16. August 1989, BAB1. 11/1989)
Exogen-allergische Alveolitiden (synonym: Hypersensitivitäts-Pneumonitiden) sind akute, subakute und chronische Lungenentzündungen, die durch eingeatmete Antigene verursacht werden und zur Lungenfibrose neigen. Hierzu gehören die Farmerlunge, die Vogelhalter-Lunge und die Befeuchter-Lunge sowie eine Reihe seltener beobachteter Erkrankungen.
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Die Farmerlunge tritt bevorzugt in regenreichen Gebieten (Alpenrand, Küstengebiete) während der Spätherbst-, Winter- und Frühjahrsmonate auf. Gefährdet sind vor allem Personen, die bei landwirtschaftlichen Arbeiten den Staub von verschimmelten Futter- und Einstreumitteln (Heu, Stroh u. a.) einatmen. Der Staub, der sich bei der Geflügelhaltung oder Weiterverarbeitung der Federn entwickelt, kann eine Vogelhalter-Lunge hervorrufen. Die Befeuchter-Lunge wird vorwiegend in Druckereibetrieben, vereinzelt auch in vollklimatisierten Arbeitsräumen beobachtet.
Seltene berufliche Gefahrenquellen entstehen u.a. durch:
II. Pathophysiologie
Ursächlich wirken sensibilisierende organische Materialien vor allem aus Sporen von thermophilen Actinomyceten, Aspergillen und anderen Schimmelpilzen, ferner Bestandteile von Vogelfedern (Einfettsekrete?) und Proteine von Insekten und Schalentieren. Mit der Entdeckung weiterer gefährdender Stäube muß gerechnet werden.
Nach Einatmung der unterschiedlichen Antigene entwickelt sich bei entsprechender Disposition im Alveolarbereich ein allergisches Geschehen, wahrscheinlich überwiegend nach Typ III der Immunologie-Klassifikation. Letztlich liegt eine Entzündung durch Freisetzung intrazellulärer Mediator-Substanzen vor, die von Immunkomplexen oder direkt von den durch Antigene sensibilisierten T-Suppressor-Lymphozyten stammen. Die Immunkomplexe entstehen durch Reaktion der nach früheren Kontakten im Serum zirkulierenden IgG-Antikörper mit den erneut inhalierten Antigenen in der Lunge. Auch kann eine Aktivierung des Komplementsystems auf dem alternativen Weg unter Komplementverbrauch mit verzögerter Reizantwort nach Art des Arthus-Phänomens zustande kommen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die Erkrankung entwickelt sich oft erst nach jahrzehntelanger Exposition. Man kann - allerdings ohne scharfe Abgrenzung - einen akuten, einen subakuten und einen chronischen Krankheitsverlauf unterscheiden. In typischen Fällen beginnt die exogen-allergische Alveolitis mehrere Stunden nach meist massiver Staubeinwirkung (z. B. Stallarbeiten) mit dem klinischen Bild einer Pneumonie (Farmer-, Vogelhalter-Lunge). Nach prothahierter Einatmung des Antigens finden sich auch subakut oder chronisch zunehmende Krankheitserscheinungen (z. B. Befeuchter-Lunge).
Es treten Atemnot, Husten ohne wesentlichen Auswurf, Engegefühl im Brustkorb, Abgeschlagenheit und klassischerweise akut Fieber mit Frösteln und Gliederschmerzen auf. Auskultatorisch finden sich basal und in den Mittelfeldern ohrnahe fein- bis mittelblasige Rasselgeräusche.
Funktionell handelt es sich zunächst um eine restriktive Ventilationsstörung und um eine pulmonale Diffusionsstörung. In der Folge stellen sich auch Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme ein. Die einzelnen Krankheitsschübe können folgenlos ausheilen oder zu fortschreitender Lungenfibrose führen.
Röntgenologisch sieht man im akuten Stadium Zeichen eines interstitiellen und alveolären Ödems, nicht selten auch feinere und gröbere, zur Konfluenz neigende Fleckschatten, meist Hilusnah und in den Unterfeldern. Bisweilen treten erst Tage nach der Exposition punktförmige Verschattungen auf, deren Streuung so dicht sein kann, daß sie dem bloßen Auge als milchig-glasige Trübungszonen erscheinen. Die Fibrose des chronischen Stadiums stellt sich durch streifige, retikuläre, später auch zystische Strukturen mit zirrhotischen und emphysematösen Veränderungen dar. Funktionell handelt es sich um eine restriktive Ventilationsstörung (Verminderung der Vitalkapazität) und pulmonale Diffusionsstörung (Verminderung des CO-Transfer-Faktors, Abfall des Sauerstoffpartialdrucks im arteriellen Blut nach Ergometer-Belastung). Eine Bronchialobstruktion gehört primär nicht zum Krankheitsbild, sie kann sich aber schleichend früher oder später einstellen, in aller Regel erst nach Durchlaufen rezidivierender, akuter Krankheitsschübe.
Unter den Laborbefunden tritt häufig eine Vermehrung der Gamma-Globuline im Serum hervor. Mit immunologischen Untersuchungen (Doppel-Immundiffusion nach Ouchterlony, ELISA, Radioimmunoassays, Immunoblotverfahren usw.) können häufig im Serum IgG-Antikörper (z. B. gegen thermophile Actinomyceten, Aspergillen und Schimmelpilze, Extrakt aus arbeitsplatzbezogenem, verschimmeltem Heu) festgestellt werden. Diese sind jedoch für die Diagnose nur bedingt aussagekräftig, da einerseits ein derartiger Nachweis auch an über 20 Prozent von gesunden exponierten Personen gelingt und andererseits eine exogen-allergische Alveolitis auch durch direkte Antigen-Wirkung ohne Bildung von IgG-Antikörpern entstehen kann. In der broncho-alveolaren Lavage findet sich in der Regel eine Vermehrung der Lymphozyten mit einem erhöhten Anteil der T-Suppressorzellen. In der akuten Phase herrscht typischerweise eine Granulozytose vor.
Das histologische Bild ist gekennzeichnet durch eine diffuse, oft peribroncholär betonte, interstitiell-entzündliche Rundzellinfiltration mit granulomen aus epitheloiden sowie Fremdkörper-Riesenzellen mit Lymphozytensaum. Die Spätphase mit der chronischen interstitiellen Lungenfibrose ist weder makroskopisch noch mikroskopisch krankheitsspezifisch und kann von anderen Formen der fortgeschrittenen Lungenfibrose nicht unterschieden werden.
IV. Weitere Hinweise
Die Erhebung einer eingehenden Arbeitsanamnese mit dem verzögerten, 4 bis 6 Stunden nach Exposition auftretenden, akuten Krankheitsbild ist besonders wichtig. Gelegentlich ist zur Diagnose von schleichenden chronischen Verläufen sowie von Spätstadien mit ausgeprägter, uncharakteristischer Lungenfibrose ein arbeitsplatzbezogener inhalativer Provokationstest hilfreich. Er bedarf stets einer strengen Indikationsstellung und sollte besonders erfahrenen Untersuchern vorbehalten bleiben. Bei positivem Ausfall treten nach vier bis sechs Stunden nicht nur systemische Reaktionen (Anstieg der Körpertemperatur und der Leukozyten im peripheren Blut, Engegefühl im Brustkorb, Gliederschmerzen), sondern auch ein erheblicher Abfall der Vital- und Diffusionskapazität sowie des arteriellen Sauerstoffpartialdrucks, aber keine wesentliche Erhöhung des Atemwegwiderstandes auf. Ferner können feinblasig klingende Rasselgeräusche und röntgenologisch wahrnehmbare Veränderungen beobachtet werden.
Differentialdiagnostisch müssen vor allem eine Sarkoidose, die sogenannte idiopathische, fibrosierende Alveolitis (z. B. Haman-Rich-Syndrom) und Lungenfibrosen anderer Genese, abgegrenzt werden. Die Sakoidose neigt in ihren Frühstadien abweichend von der exogen-allergischen Alveolitis zur deutlichen Vergrößerung der Hiluslymphknoten und zu einem bilateralen, spiegelbildlichen Röntgenbefund. Sie bewirkt eine Vermehrung der T-Helfer-Lymphozyten im Alveolarraum, die in der Spülflüssigkeit nachgewiesen werden kann. Der Krankheitsprozeß einer idiopathischen, fibrosierenden Alveolitis ist gekennzeichnet durch eine anhaltende Vermehrung der Granulozyten in der bronchoalveolären Lavage.
V. Literatur
Quelle:
1 Universität Rostock - Medizinische Fakultät
Institut für Präventivmedizin