Erkrankungen durch Methylalkohol (Methanol)
Methylalkohol (Methanol) wird hauptsächlich verwendet als Löse- oder Verdünnungsmittel für Farben, Lacke, Polituren, Klebstoffe, Natur- und Kunstharze, zur Befeuchtung von Nitrozellulose, in Steifungs- und Fleckenreinigungsmitteln. Auch in der chemischen Industrie, z.B. als Grundstoff zur Erzeugung von Formaldehyd, zur Herstellung von Anilinfarben sowie in der pharmazeutischen und kosmetischen Industrie wird Methanol benutzt. Methanol wird in Dampfform über die Atmungsorgane oder in flüssiger Form über den Magen-Darm-Kanal, aber auch durch Hautresorption (z.B. bei Durchtränkung der Kleidung) aufgenommen. Die Aufnahme größerer Mengen kann eine Zyanose, Krämpfe, Verwirrtheitszustände, Kreislaufstörungen, Sehstörungen bis zur Erblindung bewirken. Schon wenige Stunden nach der Giftaufnahme kann der Tod durch Atemlähmung eintreten. Man kennt die chronischen Schäden und auch die Folgen von Unglücksfällen. Beobachtet wurde eine lösungsmittelinduzierte Enzephalopathie. Eine chronische Vergiftung kann den Sehnerv schädigen.
Berufskrankheit Nr. 1306
Merkblatt zu BK Nr. 13 der Anl. 1 zur 7. BKVO
(Bek. des BMA v. 14. 6. 1962, BArbB1 Fachteil Arbeitsschutz 1962, 133)I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Methanol (Methylalkohol – CH3OH -) wird vorwiegend synthetisch aus Kohlenoxid und Wasserstoff bzw. aus Erdgas, gelegentlich noch durch trockene Destillation von Holz (Holzgeist) oder Melasseschlempe gewonnen. In reinem Zustand ist Methanol eine farblose, alkoholisch und leicht stechend riechende Flüssigkeit. Geschmacklich ist Methanol von (Äthyl-)Alkohol nur schwer zu unterscheiden. Methanol wird hauptsächlich verwendet als Löse- oder Verdünnungsmittel für Farben, Lacke, Polituren, Klebstoffe, Natur- und Kunstharze, zur Befeuchtung von Nitrozellulose, in Steifungs- und Fleckenreinigungsmitteln. Eine Gefahrenquelle ist in erster Linie bei ungenügender Belüftung und beim Arbeiten im Spritzverfahren gegeben. Auch in der chemischen Industrie, z. B. als Grundstoff zur Erzeugung von Formaldehyd, zur Herstellung von Anilinfarben sowie in der pharmazeutischen und kosmetischen Industrie wird Methanol benutzt. Ferner findet es noch Verwendung als Vergällungsmittel für Brennspiritus.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Methanol wird in Dampfform über die Atmungsorgane oder in flüssiger Form über den Magen-Darm-Kanal, aber auch durch Hautresorption (z. B. bei Durchtränkung der Kleidung) aufgenommen.
Die Wirkungsweise beruht einerseits auf seiner mäßig entfettenden, austrocknenden und lipoidlöslichen Eigenschaft, die zu Reizerscheinungen der Haut und der Schleimhäute an Augen und Atemwegen führt, andererseits auf den beim Abbau im Organismus entstehenden Oxidationsprodukten Formaldehyd und Ameisensäure. Letztere verursachen eine Acidose und blockieren Oxidationsvorgänge des Stoffwechsels. Die Giftwirkung wird vor allem auf das in den Körperzellen sich bildende Formaldehyd, das eiweißfällend und fermenthemmend ist, zurückgeführt.
Methanol wird im Organismus verhältnismäßig lange retiniert und nur langsam abgebaut. Durch Kumulation können auch kleine Mengen giftig wirken.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die perorale Aufnahme des Methanols kann einen akuten, die Aufnahme durch Inhalation von Dämpfen oder durch die Haut einen chronischen Vergiftungsverlauf zur Folge haben. Während bei den beruflich verursachten Schäden das chronische Krankheitsbild vorherrscht, überwiegt bei Unglücksfällen infolge Trinkens von Methanol das akute.
a) Akute Form
Wird Methanol getrunken, dann kann es nach einer Latenzzeit von wenigen Stunden bis zu zwei Tagen neben Rauschzuständen, Schwindel, Benommenheit und Kopfschmerzen zu Brennen in der Speiseröhre, kolikartigen Leibschmerzen, Brechreiz und evtl. Erbrechen kommen. Darüber hinaus kann die Aufnahme größerer Mengen Zyanose, Krämpfe, Verwirrtheitszustände, Kreislaufstörungen (meist Bradycardie), Sehstörungen (Nebelsehen, gestörtes Farbensehen) bis zur Erblindung bewirken. Schon wenige Stunden nach der Giftaufnahme kann der Tod durch Atemlähmung, häufiger jedoch erst nach einigen Tagen (nur ausnahmsweise länger als drei Tage) durch Kreislaufinsuffizienz infolge allgemeiner Vasomotorenschwäche bzw. -lähmung eintreten. Überlebt der Vergiftete das akute Stadium, dann können sich Spätschäden infolge der akuten Vergiftung bemerkbar machen, welche auf der nephro-, hepato- und neurotoxischen Wirkung des Methanols beruhen. Es tritt Oligurie, in schweren Fällen vorübergehende Anurie und Urämie mit Reststickstoff – und Blutdruckanstieg auf. Der Urin hat ein niedriges spezifisches Gewicht und ist stark sauer. Er kann Eiweiß, massenhaft Kalzium-Oxalatkristalle und wenig Zylinder enthalten; Erythrozyten und Leukozyten werden meist nicht gefunden. Die hepatotoxische Wirkung kann sich in einer Leberschwellung zeigen. Die neurotoxische Wirkung kann zur toxischen Encephalose mit Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Benommenheit, Krämpfen, Bewußtlosigkeit usw. führen. Schwere Sehstörungen bis völlige Erblindung sind beobachtet worden. Auch Schädigungen anderer Gehirnerven (z. B. des N. facialis, N. akustikus, N. cochlearis) und periphere Polyneuritis kommen vor. Zur Diagnosestellung kann bei akuten Erkrankungen eine chemische Untersuchung des Mageninhalts angebracht sein.
b) Chronische Form
Zu beobachten sind Appetitlosigkeit, Schleimhautreizungen der Augen und der Atemwege, Kopfschmerzen, Ohrensausen und Leibschmerzen, Sehstörungen mit unterschiedlich weit reichendem zentralem Skotom; neuritische Beschwerden und Leberschwellung können auftreten.
Das Krankheitsbild ist ebenso wie die Verträglichkeit gegenüber dem Methanol individuell verschieden. Frauen, Jugendliche, alte und geschwächte Menschen sind dem Methanol gegenüber weniger widerstandsfähig. Eine begrenzte Erhöhung der Widerstandskraft durch Gewöhnung ist ebenso möglich wie eine Steigerung der Giftempfindlichkeit bei wiederholter Aufnahme kleiner Mengen. Diese Faktoren können im Einzelfall den klinischen Verlauf der Erkrankung wesentlich beeinflussen.
Zur Diagnosestellung ist es wichtig, den Nachweis des Methanols im Blut und im Urin zu erbringen; außerdem kann der erhöhte Ameisensäuregehalt im Urin ein wichtiger ätiologischer Hinweis sein.
Bei Verdacht einer beruflich verursachten Erkrankung ist die Arbeitsanamnese mit Feststellung, ob, wie lange und in welchem Umfang eine Einwirkung von Methanol oder methanolhaltiger Stoffe stattgefunden hat, von großer Bedeutung, zumal andere Lösemittel ähnliche Krankheitserscheinungen hervorrufen können.
Merkblatt zur Berufskrankheit Nummer 13061
Quelle: 1 Universität Rostock – Medizinische Fakultät
Institut für Präventivmedizin