Meniskusschäden

Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten

Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten sind in der BK-Nr. 2102 geregelt. Gottlob hat man die Berufskrankheit der Bergleute nun auch geöffnet für Ofenmaurer, Fliesen- oder Parkettleger, Rangierarbeiter, Berufssportler u.a. wie z.B. Tankbauer. Inwiefern im Merkblatt bei den Gefahrenquellen die privaten Belastungen vorangestellt werden, erscheint als nicht recht einsichtig. So sieht dann aber auch die Entschädigungspraxis aus. Während die Berufsgenossenschaft die privaten Momente ermittelt, muß der Fliesenleger nachweisen, daß er tatsächlich gefährdet war, was allerdings offenkundig sein dürfte. Die Berufsgenossenschaften unterscheiden zwischen einer primären und sekundären Meniskopathie, wobei man dann die letztere vom Versicherungsschutz auszunehmen sich angelegen sein läßt. Rechtlich kann es allerdings kaum einen Unterschied machen, ob die Meniskopathie primär oder sekundär durch die Zwangshaltung verursacht wird. Die Fachliteratur, welche für die Ausklammerung der sekundären Meniskopathie zitiert wird, erscheint schon von dem Autorennamen her als nicht plausibel, und zwar deshalb, weil eben dieser eine Autor offenbar ausschließlich negative Zusammenhangsgutachten erstellt bzw. die Zusammenhänge nur negativ sieht. Daß eine Kniegelenksarthrose nach beruflicher Schwerbelastung der Knie keine Berufskrankheit sein soll, überzeugt in gar keiner Weise. Ist diese Kniegelenksarthrose mit einem Meniskusschaden verbunden, käme eine Anerkennung nach der Liste infrage. Ansonsten wäre die Kniegelenksarthrose als Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall zu entschädigen, § 551 II RVO bzw. § 9 II SGB VII. Was sich an medizinischen Gutachtern auf diesem Feld tummelt, ist nachgerade unbeschreiblich. Offenkundige berufliche Zusammenhänge werden mit den seltsamsten Gründen hinwegdiskutiert. Selbstverständlich reicht wesentliche Mitursächlichkeit der Belastung aus, weil eben nichts nur von alleine kommt. Wenige Jahre beruflicher Belastung genügen für die Entstehung dieser Berufskrankheit. Meniskusschäden, die dem Altersbild entsprechen, sollen angeblich nicht entschädigt werden können. Zum Vergleich sollte man prüfen, ob die Schäden denn dann seitengleich entwickelt sind oder bei einem stärker belasteten Knie entsprechend ausgeprägter sind. Weniger als 1/3 der Arbeitszeit an Belastung sollen zur Anerkennung nicht genügen. Statistisch gesehen werden jährlich ca. 2.300 Fälle gemeldet. Neue Renten werden demgegenüber nur in gut 300 Fällen zuerkannt. Bemerkenswert ist der Fall eines Bergmannes.

Fall: 1969 erkannte die Bergbau-Berufsgenossenschaft eine vorübergehende Rente wegen einer Meniskuserkrankung bei Operation zu. Die im Bescheid anerkannte Kapselschwellung hielt an, sodaß sich der Bergmann ohne Zutun oder Hilfe der Berufsgenossenschaft umorientierte, weil die Arbeit nicht mehr auszuhalten war. Der Bergmann wurde LKW-Fahrer. Eine Berufsunfähigkeits- oder Bergmannsrente erhielt der Mann nicht. Jahrzehnte später fiel wegen eines anderen Arbeitsunfalls auf, daß hier eine Meniskopathie fortbestand, die dann aber erst ab 01.07.1995 wieder berentet wurde.

Obwohl der Betroffene sogar seinen Beruf über die Berufserkrankung verloren hatte, und zwar wegen der durchgehenden Schwellneigung, die später das Tragen einer Unterschenkelprothese, erforderlich wegen des Arbeitsunfalls aus den 70er Jahren, erschwerte, mochte die Berufsgenossenschaft nicht einsehen, daß zumindest dann die neue Rente für die Meniskuserkrankung zumindest für vier Jahre zurückzugewähren ist, wenn man denn die Verjährung einwenden wollte.
Berufskrankheit Nr. 2102

Merkblatt für die ärztliche Untersuchung
Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden,
die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten
(Bek. des BMA,  BArbBl. 2/1999 S. 135)
( – Ersatz für Bek. des BMA v. 11.Oktober 1989, BABl. 2/1990 – )I. Gefahrenquellen
Chronische Meniskopathien können anlagebedingt in unterschiedlichem Ausmaß auftreten, aber auch z. B. in ursächlichem Zusammenhang mit verschiedenen Sportarten (Fußball. Tennis, Skilaufen und -springen, Slalom). Im Berufsleben muß mit einer überdurchschnittlichen Belastung der Kniegelenke (s. unter II.), z. B. im Bergbau unter Tage. ferner bei Ofenmaurern, Fliesen- oder Parkettlegern, bei Rangierarbeitern, bei Berufssportlern und bei Tätigkeiten unter besonders beengten Raumverhältnissen gerechnet werden.

II. Pathophysiologie
Eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke ist biomechanisch gebunden an eine

  • Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung oder
  • häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung. insbesondere Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage.

Unter diesen Umständen werden die halbmondförmigen, auf den Schienbeinkopfgelenkflächen nur wenig verschiebbaren Knorpelscheiben. insbesondere der Innenmeniskus, in verstärktem Maße belastet. Dadurch können allmählich Deformierungen, Ernährungsstörungen des bradytrophen Gewebes sowie degenerative Veränderungen mit Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit der Menisken entstehen.
Ein derart vorgeschädigter Meniskus kann beim Aufrichten aus kniender Stellung, bei Drehbewegungen, beim Treppensteigen oder auch bei ganz normalem Gehen von seinen Ansatzstellen ganz oder teilweise gelöst werden. Man spricht hier von Spontanlösung aus Gelegenheitsursache.
Die berufsbedingte Meniskopathie kann als Folgeschaden auch zu Arthrosis deformans führen.

III. Krankheitsbild und Diagnose
Ein chronischer Meniskusschaden kann lange Zeit unbemerkt verlaufen, kann aber auch mit Schmerzen am Gelenkspalt. medial oder lateral, und späteren Funktionsstörungen einhergehen. Ein plötzlich auftretender scharfer Schmerz, nicht selten kombiniert mit Gelenksperre deutet auf eine Einklemmung hin. Ein Gelenkerguß kann das Bild eines „Reizknies“ hervorrufen. Der Gelenkspalt ist häufig wulstartig geschwollen und druckschmerzhaft.
Die Diagnose ergibt sich aus Vorgeschichte und Befund bei meist typischem Beschwerdebild. Die Untersuchung umfaßt die allgemein anerkannten Verfahren einschließlich der verschiedenen „Meniskuszeichen“. Differentialdiagnostisch sind u. a. abzugrenzen:

  • Meniskusanomalien,
  • Osteochondrosis dissecans,
  • primäre Arthropathien spezifischer oder unspezifischer Genese,
  • retropatellare Chondromalazien und
  • Einklemmungen von Synovialfalten und -zotten des Hoffa‘schen Fettkörpers.

Verwechslungen mit der akut-traumatischen Form lassen sich oft durch die histologische Untersuchung des Operationsproduktes richtigstellen (Kapillarsprossung, bindegewebliche Vernarbung).

IV. Weitere Hinweise
Die berufsbedingte chronische Meniskopathie tritt früher auf als in der beruflich nicht belasteten Bevölkerung. Die Prognose unterscheidet sich nicht von derjenigen bei chronischen Meniskopathien anderer Genese.
Die Abgrenzung gegen Entstehung durch Unfall kann gelegentlich Schwierigkeiten bereiten.
Eine gleichzeitig mit der Meniskopathie vorliegende Arthropathie Spricht nicht gegen das Vorliegen einer Berufskrankheit.

V. Literatur

  • Andreesen. R. und W. Schramm: Meniskusschäden als Berufskrankheit. Mönch. Med. Wschr., 117 (1975). 973.
  • Aufdermaur. M.: Die Bedeutung der histologischen Untersuchung des Kniegelenkmeniskus. Schweiz. med. Wschr., 101 (1971), 1405 und 1441.
  • Laarmann. A.: Berufskrankheiten nach mechanischen Einwirkungen. 2. Aufl.. Stuttgart. 1977.
  • Pressel. G.: Die Bedeutung der beruflichen Exposition für die Atiologie des chronischen Meniskusschadens. Habilitationsschrift Frankfurt (M). 1980.
  • Pressel, G.: Die BK 2102 „Meniskusschaden“ nach der Neuregelung – Hinweise für die Begutachtung. Arbeitsmed. Sozialmed. Präventivmed. 23 (1988), 308.
  • Refior. H. J. und H. Fischer: Vergleichende mikrostrukturelle Untersuchungen zur Degeneration der Kniegelenkmenisken. Z. Orthopädie, 112 (1974), 128.
  • Springorum, P. W.: Der Einfluß der Arbeitsweise auf Meniskusschäden bei Bergleuten. Mschr. Unfallheilk., 72 (1969), 478.
  • Wittgens, H. und G. Pressel: Die Meniskuserkrankung unter dem Gesichtspunkt neuer rechtlicher und medizinischer Erkenntnisse – Arbeitsmedizinische Gesichtspunkte.Aus dem Bericht über die Unfallmedizinische Tagung des Landesverbandes Rheinland-Westfalen der gewerblichen Berufsgenossenschaften am 28./29. März 1987 in Düsseldorf (BGU-Med. 62).

Merkblatt zur Berufskrankheit Nummer 21021

Quelle: 1 Universität Rostock – Medizinische Fakultät
Institut für Präventivmedizin

Krankheit, die durch die berufliche, versicherte Tätigkeit verursacht worden ist