Grauer Star durch Wärmestrahlung
Grauer Star durch Wärmestrahlung ist die Berufskrankheit Nr. 2401. Der Infrarotstar oder Feuerstar, Wärmestar, Glasbläserstar wird durch Einwirkung etwa von Infrarotstrahlen unter hohen Temperaturen verursacht. Im allgemeinen emissioniert hellrot-, gelb- und weißglühendes Material diese schädigenden Strahlen. Gefahrenquelle sind offenbar alle Strahlungsarten, die typischer Weise von einem unter hohen Temperaturen glühenden Material ausgehen. Als Wärmestar können daher auch die durch Kurzwellenbestrahlung, Ultraschall, Mikro- und Radiowellen sowie Laserstrahlung erzeugten Linsentrübungen in Betracht kommen. Gefahrenquellen sind unter anderem der Umgang mit glühendem Glas in Glashütten, der Umgang mit glühenden Schmelzmassen in Eisenhütten, Metallschmelzereien, in Betrieben der Weißblechherstellung und in Karbidfabriken. Die schädigende Wirkung kann sowohl von der Schmelzmasse als auch von glühendem Material oder von der Innenauskleidung der Schmelzöfen ausgehen.
Frage: Ist es klug, wenn Sie beim Gutachter angeben, Sie hätten immer eine geeignete Schutzbrille getragen, obwohl dies in der Praxis nicht so zutraf? Sie wollen vielleicht nur kein etwa verbotswidriges Verhalten zugeben.
Die Folge kann sein, daß der Gutachter bei einer solchen Angabe dann schlußfolgert, folglich hätte eine Berufskrankheit auch nicht entstehen können. Genau das gleiche nämlich erleben wir bei den Lärmschwerhörigkeiten, wenn der Versicherte praxisfremd angibt, er hätte immer Lärmschutz getragen. Die Exposition kann wenige Jahre, aber auch 10 bis 20 Jahre ausmachen. Das Endstadium des Wärmestars gleicht dem klinischen Bild des reifen Altersstars. Eine Unterscheidung von diesem Altersstar ist dann nur noch gelegentlich durch das Auftreten der typischen Ablösung der oberflächlichen Lamelle der vorderen Linsenkapsel (sogenannte Feuerlamelle) möglich. Bei Glasmachern und Lokomotivheizern schätzt man eine tägliche Gefährdungszeit von 245 bis 102 Minuten. Trübungen der Augenlinse wiederum durch UV-Strahlen können im Einzelfall wie eine Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis entschädigt werden. Eine Linsenerkrankung durch Einwirkung ionisierender Strahlen wird durch die BK-Nr. 2402 abgedeckt. Für den Wärmestar gilt noch die weitere Besonderheit, daß er zunächst nur einseitig auftritt, und daß bei Rechtshändern demzufolge oft zunächst das linke, dem Schmelzofen zugewandte Auge erkrankt.
Tip: In der berufsgenossenschaftlichen Fachliteratur wird gefordert, den Wärmestar vom Alterstar abzugrenzen. Darin kommt ein falscher monokausaler Ansatz zum Ausdruck. Vielmehr ist demgegenüber die Mitursächlichkeit der beruflichen Ursache hervorzuheben. Könnte man die Ursachen voneinander abgrenzen, bedürfte es der Kausalitätsnorm in der Gesetzlichen Unfallversicherung nicht, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Ursache genügt.
Sind Sie also alterstarverdächtigt und haben Sie zugleich Jahrzehnte wärmestargefährdet gearbeitet, hat letzteres den Ausschlag für die berufsgenossenschaftliche Anerkennung zu geben. Die hypothetisch reserveursächliche Überlegung, Sie hätten aber auch allein an einem Altersstar erkranken können, ist dann so von der Berufsgenossenschaft nicht zu beweisen. Wir kennen das Problem zur genüge beim Lungenkrebs nach Asbesteinwirkung und Rauchgewohnheit, wo Berufsgenossenschaft und Berufsgenossenschaftsgutachter allein auf die Rauchgewohnheit des Asbestwerkers abzuheben versuchen.
Berufskrankheit Nr. 2401
Merkblatt zu BK Nr. 28 der Anl. 1 zur 7. BKVO
(Bek. des BMA v. 12. 6. 1963,BArbBl. Fachteil Arbeitsschutz 1963, 130 f.)
Grauer Star durch Wärmestrahlung (Infrarotstar oder Feuerstar, Wärmestar, Glasbläserstar) wird durch Einwirkung infraroter Strahlen, d. h. einer außerhalb des sichtbaren Lichtspektrums gelegenen Wellenstrahlung, verursacht. Der die Augenlinse schädigende Teil der Wärmestrahlung liegt bei Wellenlängen zwischen etwa 750 (nm) bis 2400 (nm). Im allgemeinen emissioniert hellrot-, gelb und weißglühendes Material diese schädigenden Strahlen. Die Gefährdung ist proportional der Größe der strahlenden Fläche, zunehmender Abstand von der strahlenen Materie verringert die Gefährdung.
Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob die infraroten Strahlen selbst oder die von ihnen bei der Absorption durch die Iris erzeugte Erwärmung des Kammerwassers die Augenlinse schädigen.
Gefahrenquellen sind u. a. der Umgang mit glühendem Glas in Glashütten, seltener der Umgang mit glühenden Schmelzmassen in Eisenhütten, Metallschmelzereien, in Betrieben der Weißblechherstellung und in Karbidfabriken. Die schädigende Strahlung kann sowohl von der Schmelzmasse als auch vom glühenden Material oder von der Innenauskleidung der Schmelzöfen ausgehen. Personen, die keine geeignete Schutzbrille tragen, können gefährdet sein.
Die zu Heizzwecken verwendeten Infrarotstrahler und Glühlampen können wegen ihrer geringen Strahlungsintensität den Star durch Wärmestrahlung nicht verursachen.II. Krankheitsbild und Diagnose
Grauer Star durch Wärmestrahlung kann infolge mehrjähriger, in der Regel über 20 Jahre dauernder Einwirkung von infraroten Strahlen entstehen. Er tritt meistens zunächst einseitig auf; bei Rechtshändern erkrankt oft zuerst das linke, dem Schmelzofen zugewandte Auge. Die ersten Veränderungen zeigen sich am hinteren Linsenpol. Subkapsulär bilden sich Vakuolen und bröckelige Trübungen, die zusammenfließen können und als Trübungsscheibe am hinteren Pol sichtbar werden. Gleichzeitig oder auch vorher kann vereinzelt eine Ablösung der oberflächlichen Lamelle der vorderen Linsenkapsel auftreten. Diese Lamelle haftet mit ihrer Basis an der Linsenkapsel, der freie Teil rollt sich ein und ragt in die vordere Augenkammer hinein.
Bei der Untersuchung im fokalen Licht – vor allem mit der Spaltlampe – ist eine schalen- oder sternförmige Trübung mit dichterem, gegen die Linsenmitte prominentem Zentrum zu erkennen. Zunächst ist der Trübungsbezirk nicht scharf begrenzt. Eine Abnahme des Sehvermögens tritt erst dann ein, wenn die Linsentrübung eine bestimmte Dichte erreicht hat. Das Endstadium gleicht dem klinischen Bild des reifen Altersstars. Eine Unterscheidung von diesem ist dann nur noch gelegentlich durch das oben beschriebene Auftreten der typischen Ablösung der oberflächlichen Lamelle der vorderen Linsenkapsel (sog. Feuerlamelle) möglich. Die primären Erscheinungen des grauen Stars durch Wärmestrahlung sind meistens charakteristisch für diese Erkrankung. Als Nebenbefund ist häufig eine durch die Strahlung bewirkte bräunlich-rote Pigmentierung der Gesichtshaut mit einer Erweiterung der feinen Hautgefäße, vorwiegend auf der stärker exponierten Gesichtshälfte, festzustellen. Differentialdiagnostisch sind Linsentrübungen aus anderen Ursachen auszuschließen. Gleichzeitiges Vorkommen präseniler und seniler Veränderungen der Linse mit dem Wärmestar ist bei der langen Latenzzeit möglich. Häufig tritt er jedoch in einem relativ frühen Lebensalter, d. h. schon vom 40. Lebensjahr an, auf.
III. Hinweise für die ärztliche Beurteilung
Eingehende Arbeitsanamnese und Prüfung, ob infolge beruflicher Arbeiten die Entstehung des Wärmestars möglich war, sind erforderlich. Linsenerkrankungen durch Einwirkung ionisierender Strahlen werden unter Nr. 27 der Anlage zur 7. BKVO erfaßt.*)
*) Jetzt: Nr. 24 02
Merkblatt zur Berufskrankheit Nummer 24011
Quelle: 1 Universität Rostock – Medizinische Fakultät
Institut für Präventivmedizin