Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen durch Stäube von Eichen- oder Buchenholz
Diese Berufserkrankung zählt zu den Erkrankungen durch organische Stäube. Während Fälle dieser Art bereits in den 60er Jahren in England bemerkt worden waren, dauerte es dann bis 1988 bis der Deutsche Verordnungsgeber hier reagierte und die Berufskrankheitenliste insofern erweiterte. Gefährdete Berufsgruppen sind insbesondere Bau- und Möbelschreiner, Parkettleger, Küfer, Stellmacher. Der Tumor nimmt bevorzugt seinen Ausgang von der mittleren Nasenmuschel. Der Tumor kann langsam infiltrierend wachsen und sich im Bereich der Nasennebenhöhlen, der Augenhöhlen und der Schädelbasis ausbreiten. Wenn auch selten, wurden Fernmetastasen beobachtet. Rezidiv Tumoren werden häufig beobachtet. Bei der Diagnose dieses Tumors findet man offenbar in 2/3 der Fälle eine berufliche Eichen- oder Buchenholzstaubexposition.
Frage: Warum in anbetracht der kanzerogenen Wirkung dann nicht auch andere Bereiche der Atemwege, etwa der Kehlkopf, betroffen sein können, wird im Merkblatt nicht näher erörtert.
Hinsichtlich des Rentensatzes unterscheidet man vier Kategorien, wobei Kategorie 4 als inkurables Tumorstadium den Höchstsatz, nämlich 100 % der Verletztenrente, begründet.
Vorsicht: Ein anderer histologischer Tumortyp der Nase soll trotz Eichen- und Buchenholzexposition nicht anzuerkennen sein, was erhebliche Zweifel bei den Rechtsuchenden verursacht.
Gerade solche kasuistische, d.h. eng eingegrenzte und nicht der wissenschaftlichen Logik verpflichtete Fassungen von Berufskrankheitennummern wirken nicht gerade vertrauensfördernd, sondern erwecken vielmehr das Mißtrauen, daß nur ähnliche Fallgestaltungen ausgegrenzt sein sollen.
Zur Statistik:
Jährlich mögen gut 50 Fälle angezeigt werden und um die 30 neu berentet. Die tödlichen Fälle schwanken zwischen 3 und 13 im Jahr. Die Dunkelziffer kann hoch sein und ähnliche Fallgestaltungen dürften häufiger vorkommen. Letztere können dann gegebenenfalls als Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis zu behandeln sein.
Berufskrankheit Nr. 4203
Merkblatt für die ärztliche Untersuchung
(Bek. des BMA v. 11. Oktober 1989, BABI. 2/1990)I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Arbeitsplätze, an denen Eichen- oder Buchenholz verarbeitet wird, sind sowohl im industriellen als auch im handwerklichen Bereich anzutreffen. Vor allem bei maschinellen Bearbeitungsvorgängen dieser Hölzer ist mit einer Staubexposition zu rechnen. Als gefährdete Berufsgruppen sind insbesondere zu nennen: Bau- und Möbelschreiner, Parkettleger, Küfer, Stellmacher. Diese Tätigkeiten sind dadurch gekennzeichnet, daß der Anteil von Eichenoder Buchenholz unter den verwendeten Hölzern überdurchschnittlich hoch ist; außerdem waren zumindest in der Vergangenheit in diesen Bereichen hohe Staubbelastungen festzustellen.
II. Pathophysiologie
Das kanzerogene Prinzip der Eichen- und Buchenholzstäube ist bislang nicht bekannt. Die Frage, ob der Eichenoder Buchenholzstaub per se kanzerogen ist oder die Krebsentstehung beispielsweise auf Chemikalien- oder Holzbe- oder -verarbeitung zurückzuführen ist, ist noch Gegenstand der Forschung. Rhinologische Untersuchungsergebnisse sprechen dafür, daß der Tumor bevorzugt seinen Ausgang von der mittleren Nasenmuschel nimmt. Diese Region der Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen entspricht dem Schleimhautareal, wo aufgrund der aerodynamischen Verhältnisse die meiste Staubablagerung nachzuweisen ist. Durch eine chronische Staubbelastung der Nasenschleimhaut kann der Selbstreinigungsmechanismus der Nase gestört werden, woraus eine längere Verweildauer des deponierten Holzstaubes resultiert. Dadurch wird die Kontaktzeit mit dem kanzerogenen Arbeitsstoff verlängert.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Häufiges Erstsymptom des Adenokarzinoms der Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen ist eine behinderte Nasenatmung. Chronischer blutig tingierter Schnupfen und Nasenbluten können hinzutreten. In fortgeschrittenen Stadien klagen die Patienten aufgrund des raumfordernden Prozesses auch über Kopfschmerzen. Doppelbilder können als Folge von Augenmotilitätsstörungen auftreten. Das Adenokarzinom der Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen ist gewöhnlich ein lokal begrenzter Tumor, der langsam infiltrierend wächst und sich im Bereich der Nasennebenhöhlen, der Augenhöhlen und der Schädelbasis ausbreiten kann. Fernmetastasen werden selten beobachtet. Die Diagnose sollte histologisch gesichert sein: Rezidivtumoren werden häufig beobachtet, wodurch die prognostische Einschätzung des Leidens erschwert wird.
IV. Weitere Hinweise
Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen sind relativ seltene Tumore und könne auch ohne berufliche Eichen- oder Buchenholzstaub-Exposition auftreten, was bei rund einem Drittel aller Patienten mit Adenokarzinom der Nase der Fall ist.
V. Literatur
- Acheson, E. D., Cowdell, B. H., Rang, E. H.: Nasal cancer in England and Wales: An occupational survey. Brit. J. Industr. Med. 38, 218-224 (198 1)
- Grimm, H.-G., M. Hartung, H. Valentin, J. Wolf. Über das Vorkommen von Adenokarzinomen der Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen bei Holzarbeitern. Arbeitsmed. Sozialmed. Präventivmed., Sonderheft 4,1984
- Hadfield, E. H., R. G. Mac Beth: Malignant disease of the paranasal sinuses. J. Laryngol. 79, 592-612 (1965)
- Hartung, M. Adenokarzinom der Nase als Folge einer beruflichen Holzstaub-Exposition. Pathologe 6, 13-15 (1985)
- Kleinsasser, 0., Schroeder, H. G., Wolf, J.: Adenokarzinome der inneren Nase nach Holzstaubexposition – Vorsorgemaßnahmen und Frühdiagnose in Arbeitsmed. Sozialmed. Präventivmed. 22 (1987), S. 70-77
- Kleinsasser, 0., Schroeder, H. G.: Adenocarcinomas of the inner nose after exposure to wood dust – Morphological findings and relationsships between histopathology and clinical behavior in 79 cases – Arch. Otorhinolaryngol (1988) 245: 1-15
- Martin, E. P.: Das Auf treten maligner Tumoren in der inneren Nase unter besonderer Berücksichtigung von Arbeit und Beruf. Eine Auswertung von 163 Fällen aus den Jahren 1972-1984. Inaug. Diss. Univ. Erlangen, 1987
Merkblatt zur Berufskrankheit Nummer 42031
Quelle: 1 Universität Rostock – Medizinische Fakultät
Institut für Präventivmedizin